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27. Mai – 17. Juli 2022
Kleine Galerie des Halleschen Kunstvereins
Zur Ausstellung
Im Zeichnen bin ich zu Hause; ganz im kleinteiligen Focus der ständig wachsenden Räumlichkeit. Der Aufenthalt im grafischen Gelände ist nur in wachen Setzungen von Punkt, von Linie und Schraffur möglich. Beobachtungen aus der täglichen Sichtbarkeit flankieren meine Motive, manchmal sind sie das Motiv.
Das Stillleben als Rechtfertigung zum Betrachten und zum Verwandeln ist in den letzten Jahren wichtiger geworden. Da gäbe es einerseits die bloße Erscheinung der Dinge zu nennen, ihre natürliche gewachsene Form des „so Gewordenen“ mit möglichst lapidarer Anordnung und andererseits die Entdeckung feinster Spuren des Zerfalls ob Stillleben oder allegorisches Erzählen.
Die Feinheit der Zeichnung verbindet die Motive. Ich bin ein Erzähler. Das Fenster zu einer der Wirklichkeiten sollte eigentlich geöffnet bleiben, trotz genauer Betrachtung spielt die flüchtige Begegnung, die sentimentale Erinnerung, die Metapher als Stück vom Alltag den Grundton. So gibt es im Kleinen, am Tisch zu erzeichnenden Format verschiedene Auswuchtungen in die Bühne der Szenerie, in die Reste von Früchten, deren Gehäuse, Rindenhaut und Schalenfältchen im Dialog stehen zwischen den Großen Formen und den kleinsten Ereignissen.
Die Kupferplatte ist ein glänzender Spiegel. Früher im Buntstiftgebiet gab es eher kunsthistorische Introspektionen, kristalline Verdichtungen aus mehrdimensionalen Betrachtungen der Meister und des Postkartenarchives, heute sind es Begegnungen im Kupferstich. Das stichelnde Umranken eines Gesichts neben dem Apfelbaum ist genauso präsent wie der Blick ins Kerngehäuse.
Meine Figuren scheinen aus den gestochenen Früchten und Zweigen zu stammen. Die Großvaterfigur ist ebenso Freund wie Lehrmeister: der Kupferstich ist Ansporn aus Erinnerung. Mein alter Freund ist ein Weggefährte, die selbige Zeichnung zeigt den Wanderer im Wald von Linien und Flechten, den Naturburschen und gemächlichen, weil erfahrenen Freund. Der Begleiter löst sich von ihm, der Sterbende als Sinnbild wird durchsichtig und verschwindet im Dickicht.
Text: Christian Weihrauch
Über Christian Weihrauch
- 1966 in Zella-Mehlis geboren
- 1989–1995 Studium der Malerei Grafik, Kunsthochschule „Burg Giebichenstein“, Halle bei Prof. Thomas Rug
- 2011–2014 künstlerischer Mitarbeiter für Malerei und Grafik Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig
- 2015 Professur für Malerei und Zeichnung an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig
- lebt und arbeitet in Leipzig
Einzelausstellungen (Auswahl)
- 2016 „Ästchen mit Schnecke“, Zeichnungen, Galerie Hübner & Hübner, Frankfurt a. M.
- 2014 „Laube mit Teppich“, Galerie Hübner & Hübner, Frankfurt a. M.
- 2011 „Zeichnungen“, Galerie Römerapotheke, Zürich, (CH)
- 2010 „Vagabunden“, Museum Junge Kunst, Frankfurt (O)
- 2009 „Drawings“ Ambach & Rice Gallery, Seattle W.A., USA
- 2007 Galerie Römerapotheke, Zürich, (CH)
- 2004 „Wanderungen im Zimmer“ Haus am Lützowplatz, Berlin
- 2000 Villa Massimo Rom
Plakat/Faltblatt: Lutz Grumbach
Fotos: Karola Waterstraat